OST - ZONE


Auf der Suche nach dem Sündenbock
oder
Die Borniertheit der Doppelrahmgesellschaft


Auf der Suche nach einem Sündenbock für die Probleme Deutschlands hat man, nachdem sich die Rentner gewehrt haben, nun die „Ossis“ entdeckt. Die seien faul, unflexibel, und undankbar.
Formuliert wird so etwas von der Boulevardpresse der „Wessis“, für die schon die Einführung des grünen Ampelpfeils eine sie überfordernde Reform zu viel ist.
Nun proben sie in Neufünfland den Aufstand, geben den Radikalen Auftrieb und der Westen wundert sich.
Hier der Versuch einer Erklärung aus eigenem Erleben:
Nachdem die „Zonis“ die Kommunisten zum Teufel gejagt und damit die "Zone" reif für die Übernahme der verkalkten westdeutschen Strukturen gemacht hatten, mussten sie, mangels Erfahrung, zusehen wie ihr Landstrich übernacht in die Klauen von Leuten geriet, denen das Grundbuch heiliger war als die Bibel (deMaizere).
Die transparenteren und effizienteren Strukturen des Sozial- und Bildungssystems (Ich rede nur von den Strukturen, nicht von der Ideologischen Befrachtung) wurden auf Feudalherrenart zerstört. Heute blockiert der Westen allein wegen des östlichen Urprungs deren Renaissance. Finnland, dessen Bildungssystem sich in den 70ern an den ostdeutschen Erfahrungen orientierte, liegt heute in Bildungsstudien ganz vorn.
Die struktureliminatorische Attitüde der westdeutschen Kaltenkriegsgewinner ging soweit, dass der Kampf um den Erhalt des „Sandmännchens“ als Versuch gewertet wurde, „Teile des verrotteten Systems zu retten“.
Auf der Dunkelseite der Nachkriegsgzeit (SBZ) war es anders als auf der Sonnenseite (Trizone) den Flüchtlingen und Einheimischen nach den Kriegsverlusten verwehrt, Eigentum zu akkumulieren. Dafür wurde 1990 mit den Restitutionsgesetzen (Rückgabe vor Entschädigung) dafür gesorgt, dass die westdeutsche Erbengeneration die schon 40 Jahre akkumulierte, auch noch gnadenlos auf das Erbe der Großeltern im Osten zugreifen konnte und in der Folge unzählige Ostdeutsche aus ihren Häusern und Lebensverhältnissen vertrieben wurden, die sie durch Überlassungsverträge und Grundbucheintragungen gesichert glaubten.
Hier ist ein Zitat meiner Großmutter angebracht: „Der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen.“
Beispiel:
Meine Eltern hatten Ende der 60er ein von in den Westen Geflüchteten verlassenes Haus von der Stadt Potsdam gemietet und dieses ein paar Jahre später von dieser gegen Zahlung des Verkehrswertes von 19.000,- Mark in Form eines „Überlassungsvertrages“ erwerben können. Dieses war Anfang der 70er gängige Praxis der Gemeinden, um die Erhaltungsaufwendungen, die durch die Mieten nicht gedeckt waren zu privatisieren. So haben meine Eltern dann auch Kraft, Zeit und Geld in das Haus investiert. Für mich war der Ort Elternhaus und Heimat. 1994 mussten wir dann das Haus den Enkeln der verstorbenen ursprünglichen Eigentümer überlassen, vom deutschen Staat erhielten meine Eltern die 2:1 abgewerteten 19.000,-Mark zinslos als 9500,- DM zurück und den kostenlosen Kommentar der Alteigentümer dazu, sie sollten froh sein solange mietfrei in deren Eigentum gewohnt haben zu dürfen, da seien die Erhaltungsaufwendungen eine Selbstverständlichkeit gewesen. Die Immobilie war jetzt 360.000,- DM wert. Um der Erstbegegnung mit diesen Leuten etwas Versöhnliches zu geben, fiel meiner Mutter ein, sie mit „Willkommen“ zu begrüßen. Die Abfuhr erhielt sie prompt mit den Worten: „Wie kommen Sie dazu, uns in unserem Haus willkommen zu heißen!“
Solche Verletzungen eitern.
Für mich, der aufgrund von Stasi-Haft vor der Ausreise einen Flüchtlingsausweis besitzt, war erst dieser Akt wirklich Vertreibung und Heimatverlust der mich bis heute bis in die Träume verfolgt, da mein Unterbewusstsein den Verlust des Kristallisationspunktes der Kindheit nicht wahrhaben will.
Dafür habe ich mich nicht mit den Kommunisten angelegt gehabt.
Sicher war klar, dass die "DDR" Ihr Leben nur der der Drohung militärischer Intervention der Sowjets zu verdanken hatte und mit ihnen untergehen würde. Selbst die ostdeutsche Administration hat die Grundbücher erhalten, nur es hat auch 2 Menschengenerationen dauernde Geschichte dort gegeben, eine Reglung die die Entschädigung vor die Rückübertragung setzte, hätte dem Rechnung getragen und wäre vor der Revision der Besitzverhältnisse zu berücksichtigen gewesen. Auch die Güter in Polen und Chechien gibt es nicht zurück. Der Versuch einer Geschichtsrevision ist immer auch Ignoranz gegenüber Lebensläufen. Genau das verbittert die ostdeutschen Gemüter.
Was blieb also Menschen wie meinen Eltern übrig, deren einziges Kapital Anfang der 90er die eigene Arbeitskraft und die „Euphorie“ eines Neuanfangs war? Harte Arbeit, Sparsamkeit, Kredit, Neubau außerhalb des vertrauten Umfeldes und das mit weit über 50 Lebensjahren. Zu dieser Zeit flossen Milliarden als Industriesubventionen in den Osten, mit dem Ergebnis, dass das Gebiet heute nahezu deindustrialisiert ist.
Soviel zum Sinn von Industriesubventionen.
Zeitgleich wurden mit der Industrie hoch qualifizierte junge Leute in die, aufgrund der im Westen herrschenden Kinderfeindlichkeit, vergreisende alte Bundesrepublik abgesogen und damit deren demographischen Defizite gepuffert.
Im Gegenzug hat man im Beförderungsstau steckende westdeutschen Karrieristen mittels „Buschzulage“ in den Osten entsorgt, wo Sie heute in allen leitenden Stellungen anzutreffen sind und den Gang der Dinge bestimmen.
Soviel zur Frage, wer das Dilemma im Osten verantwortet.
Nun sagt man den, mit z.B. aufgrund von Arbeitslosigkeit mit nicht mehr finanzierbaren Hypotheken belasteten, Ostdeutschen mittels Hartz IV: Braucht erst einmal auf was Ihr in den letzten 14 Jahren akkumulieren konntet. (Eure Kinder haben wir ja schon).
Jetzt ist das Erstaunen groß, dass das dort nun als finale Enteignung erlebt wird und die politische Besonnenheit auf der Strecke bleibt.
Über das Gebiet Ostdeutschlands ist seit 1933 eine ununterbrochene Welle der Negativselektion hinweggegangen. Die Eliten, die bis 1945 nicht vergast oder erschossen waren haben sich in den Westen abgesetzt, der Trend hat sich seit 1989 noch verstärkt. Ostdeutsche in Westdeutschland haben sich bis zur Selbstverleugnung assimiliert um nicht wieder das Opfer von Ressentiments zu werden. Man kann den Sachsen nun schwäbeln hören, was umgekehrt dem schwäbischen Amtsleiter in Sachsen nie einfallen würde, der seinen Dialekt als Herrschaftsduktus nutzt.
Nun ist der Rahm abgeschöpft, die westliche Oberschicht zum Doppelrahm veredelt und so wollen einige die Mauer wiederhaben.
Sie zeigen mit dem Finger auf die Molke und schreien: So sind DIE alle und zwar genetisch! (früher: rassisch) DIE … sind unser Unglück!
Ich würde das nicht sagen. Worauf schwimmt denn der Doppelrahm - auch im Westen?
Mehr als von den Fakten wird Politik von der Wahrnehmung gesteuert.
Die Wahrnehmung bestimmt das Bewusstsein.
Das Bewusstsein bestimmt das Handeln.
Das Handeln generiert neue Fakten.
Diese neuen Fakten können sich zur Ausgangssituation unlogisch verhalten.
Wer sich darüber wundert, handelt irrational.
Wer irrational handelt, sollte die Finger von Politik lassen, denn diese Erkenntnis ist so alt, wie die Politik selbst.


Die Strukturkrise Deutschlands hat demographische Ursachen.
Verursacher sind nicht die Eltern in unserem Land.


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